Valentin Hurduc (geb. 1956)
Anti-Kommunistischer Dissident. Im Alter von 13 Jahren begann er mit dem Bau eines Gewehrs, mit 15 zündete er Munition, die er zufällig gefunden hatte. Er besuchte acht Klassen, wurde anschließend nicht am Kunstlyzeum aufgenommen und schrieb sich an einer Berufsschule für Polygraphie ein. Im Jahr 1971wurde er der Druckerei des polygraphischen Kombinats Casa Scânteii zugeteilt. 1976, nach dem Tod eines Kollegen, schrieb er eine Mitteilung an die Beschwerdestelle des Zentralkomitees der Rumänischen Kommunistischen Partei (ZK der RKP) und beklagte das toxische Arbeitsumfeld in der Druckerei. Als er keine Antwort erhielt, beschloss Valentin Hurduc, seine Unzufriedenheit mit dem System auf andere Art zum Ausdruck zu bringen. Jeden Tag sah er die Artikel, in denen Journalisten die Realität verfälschten. 1976 begann er, Buchstaben aus der Druckerei zu entwenden und eine
Druckerpresse zu bauen. 1982 schrieb er “Nieder mit Ceaușescu!” mit Kreide auf Zäune im Bukarester Stadtviertel Pipera und auf einen Bürgersteig der Industrieplattform von Băneasa. Erbost darüber, dass Arbeitspendler gezwungen wurden, zusätzlich in einem landwirtschaftlichen Kollektiv zu arbeiten, schrieb er 1983 mit verdünntem Teer an das Haus der Bürgermeisterin von Otopeni, einem Vorort von Bukarest: “Arbeitspendler, nehmt keine Verträge an, ihr habt die gleichen Rechte wie alle Arbeiter!”. Am Morgen des 10. April 1987 setzt er den 20 Meter hohen roten “Triumphbogen” in Brand, der aus Sperrholz und Karton erbaut worden war, um den Diktator in glänzenden Buchstaben zu ehren: “Goldene Ära Nicolae Ceauseșcu”. Der vor dem Nationalen Messezentrum auf dem Scânteii-Platz zum 20. Jahrestag der Machtübernahme errichtete Bogen wurde von Valentin Hurduc mit etwas Dieselbrennstoff, den er mit einem selbstgebauten Gerät entzündete, in Brand gesteckt. Das Wappen der Sozialistischen Republik Rumänien stürzte vom Firmament – im Beisein von Feuerwehrleuten, Sicherheitskräften und Milizionären, Passanten und Journalisten der Propaganda-Zentrale. Die offizielle Version lautete, das Feuer sei durch eine fehlerhafte Verkabelung ausgebrochen.
Kurz nach dem Arbeiteraufstand in Brașov (Kronstadt) setzte er am 4. Dezember 1987 die Statue von W.I. Lenin auf demselben Scânteii-Platz mit Toluol, gestohlenem Teer, einem alten Autoreifen und Lumpen in Brand. Die offizielle Version zu jenem Zeitpunkt lautete, dass einige Arbeiter sich wärmen wollten und das Feuer außer Kontrolle geriet.
Zwischen April 1988 und Dezember 1989 druckte und verteilte er illegal 10 Ausgaben der Zeitung “Luneta/Zielfernrohr” in Bukarest, 2-3.000 Exemplare pro Ausgabe. In der ersten Ausgabe rief er die Bukarester Bevölkerung zu einer Demonstration auf dem Universitätsplatz auf. “Luneta” behandelte unterschiedliche Themen wie den Mangel an Medikamenten, Lebensmitteln, Fernwärme, Missachtung der Menschenrechte, und verhöhnte das Ehepaar Ceaușescu. Die Zeitung wurde mit Hilfe von Karbidbomben verteilt, die an öffentlichen Plätzen entzündet wurden. Oft legte Hurduc ganze Stapel auf Autos, die an Ampeln warteten, aber auch in Treppenaufgänge öffentlicher Einrichtungen oder er verschickte die Zeitungen per Post. Die Sicherheitsbehörden wurden in Alarmbereitschaft versetzt und starteten die Operation “Petarda/Böller”. Valentin Hurduc hatte Komplizen, von denen keiner etwas preisgab, niemand wurde entdeckt. Seine beiden Brüder waren Unteroffiziere der “Anti-Terror-Spezialeinheit”, einer hatte diplomatische Vertretungen bewacht, der andere war sogar in Ceaușescus Eskorte, aber keiner von beiden wusste von seinen Aktionen. Die Proteste waren spektakulär und zeigten Wirkung gegen das kommunistische Regime, indem sie den Menschen das Vertrauen gaben, dass Rumänien sich ändern könnte. Die letzte “Luneta” wurde im November 1989 verteilt, kurz bevor Ceaușescu auf dem 14. Parteitag wiedergewählt wurde. Am 21. Dezember war Valentin Hurduc bei der Kundgebung vor dem ZK der RKP neben einem jungen Mann, der rief: “Timișoara! Menschen sterben in Timișoara!”. Er glaubt, dass der junge Mann erschossen wurde.
Am 22. Dezember war Valentin Hurduc als einer der ersten in Ceaușescus Villa, dann beim staatlichen Fernsehsender TVR, am Abend entkam er den Kugeln im ZK, sah aber neben sich Menschen sterben. Am 26. Dezember erzählte er einem Journalisten, was er getan hatte.
Daraufhin erschienen drei “Luneta”-Beilagen in der Zeitschrift “Flacăra”. Seine Geschichte wurde 1989 im TVR vor der Silvestersendung ausgestrahlt. 1990 wurde er für das Amt des Bürgermeisters von Otopeni, seinem Heimatort, nominiert. Er nahm die Nominierung an, zog sich aber nur einen Monat später zurück und kehrte der Politik den Rücken. Er hat kein Revolutionszeugnis beantragt.
1997 wurde er wegen Fälschung von Reisedokumenten, Briefmarken, Zigaretten-Marken, Schulzeugnissen, Abschlussdiplomen und Anteilzertifikaten festgenommen. Man nannte ihn den “Fälscher des Jahrhunderts”. Er kam für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis.
Genauso lange hatte er vor 1989 die Miliz und die Securitate an der Nase herumgeführt. Er schrieb den autobiografischen Roman “Schach-Matt dem Präsidenten. Operation Böller”. Seine Druckerpresse ist im Nationalmuseum für Geschichte in Bukarest ausgestellt. Im Jahr 2003 wurde er von Präsident Ion Iliescu mit dem Treudienstorden “Serviciul Credincios” der Klasse III ausgezeichnet – als Zeichen der “Wertschätzung für seinen Mut und seine Zivilcourage, die er durch den Druck der antikommunistischen Zeitung Luneta bewiesen hat”.