Nicoleta Giurcanu-Matei (geb. 1975)

Revolutionärin. Am Abend des 21. Dezember 1989, im Alter von 14 Jahren, ging sie zusammen mit ihrem Vater und ihrem jüngeren Bruder auf den Universitätsplatz in Bukarest, um gegen das kommunistische Regime zu demonstrieren. Sie war Zeugin der ersten Barrikade vor dem Intercontinental Hotel. Die drei wurden festgenommen und ins Gebäude des 14. Bezirks der Bukarester Miliz gebracht, wo sie verprügelt wurden. Dann wurden sie ins Hauptkommissariat der Hauptstadt gebracht, wo sie ebenfalls schwer geschlagen und verhört wurden. Darüber hinaus wurden sie beim Betreten und Verlassen der jeweiligen Räume von Milizionären, die Spalier stand, geschlagen. Am nächsten Morgen wurden sie nach Fort 13 Jilava gebracht, ihre Hände mit Draht gefesselt. Dort trennte man sie von ihrem Bruder und brachte sie in eine reine Männerzelle. Am Morgen des 22. Dezember wurde Nicoleta Giurcanu herausgeholt, sie traf ihren Bruder im Hof wieder. Beide wurden von einem Arzt untersucht, der ihnen versprach, dass sie auf dem Unirii-Platz freigelassen würden. Doch sie wurden zurück ins Hauptquartier gebracht und mussten zusammen mit neun anderen Minderjährigen in einem Raum warten, an dessen Wand die Porträts des Diktatorenpaars hingen. Eines der anderen Kinder stand auf, riss das Bild von Nicolae Ceaușescu herunter und trat es mit den Füßen, was sofort zu extremer Gewalt seitens der Milizionäre führte. Sie wurden alle verprügelt und mussten niederknien. Sie wurden gezwungen, sich bei dem Gemälde für ihre Geste zu entschuldigen. Anschließend wurden sie in eine Erziehungsanstalt in der Nähe des Universitätsplatz gebracht, die der Miliz angegliedert war. Dort spornte die Leiterin des Zentrums für jugendliche Straftäter, die von den Kindern mit “Mama Gabor” angesprochen wurde, die älteren Insassen an, die Neuankömmlinge körperlich zu bestrafen. Vom Personal des Zentrums wurden sie unmenschlich und erniedrigend behandelt: Sie wurden nackt ausgezogen, mit kaltem Wasser übergossen, mit Stöcken geschlagen und gezwungen, vor zwei anderen Bildern des Ehepaars Ceaușescu zu knien und um Vergebung zu bitten. Nicoleta Giurcanu wurde gezwungen, einen Haufen Fäkalien mit bloßen Händen wegzuräumen. Weil für sie eine Akte wegen Prostitution angelegt werden sollte, um ihre Festnahme zu rechtfertigen, und weil sie noch Jungfrau war, zwang der Anstaltsarzt sie, nur in Unterwäsche zu schlafen. Sie glaubt, dass sie in dieser Nacht der Vergewaltigung entkam, weil Schüsse in der Nähe des Gebäudes abgefeuert wurden. Ihr Vater, der am 22. Dezember entlassen wurde, war der letzte, der das Gefängnis verließ, weil er dort nach seinen Kindern gesucht hatte. Geschlagen und müde kehrte er ohne sie nach Hause zurück. Er machte sich erneut auf, um sie in der Stadt zu suchen und erlitt einen Herzinfarkt. Nicoleta und ihr Bruder wurden von einem Onkel gefunden und erst am 23. Dezember, nach 18 Uhr, von ihrer Mutter aus der Erziehungsanstalt abgeholt.

Nicoleta Giurcanu-Matei konnte erst nach 2015 öffentlich darüber sprechen. Sie ist mit dem Sohn eines Märtyrers der Revolution verheiratet, sie haben zwei gemeinsame Kinder. Sie ist ein aktives Mitglied der Vereinigung 21. Dezember. Im Jahr 2018 wurde sie vom Staatspräsidenten Rumäniens, Klaus Iohannis, per Präsidialdekret in den Nationalrat des
Instituts für die Rumänische Revolution vom Dezember 1989 (IRRD) berufen. Das Nationale Kollegium des IRRD griff das Dekret mit der Begründung an, dass die in das Kollegium berufenen Personen repräsentative und offiziell anerkannte Revolutionäre sein müssen und diese Eigenschaft durch ein Zertifikat bescheinigt werden müsse. Seit Mai 2019 nahm sie an Sitzungen des IRRD teil, um die Öffentlichkeit und die Strafverfolgungsbehörden auf mögliche illegale Handlungen des Präsidenten des Instituts, Ion Iliescu, und des Direktors,
Gelu Voican-Voiculescu, im Zusammenhang mit der Vergütung des Generalsekretärs des Instituts, Emilian Cutean, aufmerksam zu machen. Später, während einer IRRD-Vorstandssitzung, wurde sie verbal angegriffen und fühlte sich körperlich bedroht. Im Jahr 2020 erfuhr Nicoleta Giurcanu-Matei den richtigen Namen der inzwischen 72-jährigen ehemaligen Direktorin der Erziehungsanstalt. Diese bezog im Ruhestand eine beachtliche Sonderrente als ehemalige Mitarbeiterin des Innenministeriums.

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