Mircea Dinescu (geb. 1950)

Dichter, Schriftsteller, Publizist, Revolutionär und Geschäftsmann. In seiner Jugend hatte er, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, mehrere Gelegenheitsjobs, unter anderem als Pförtner bei der Bukarester Schriftstellervereinigung. Im Jahr 1967 debütierte er als Dichter in der Zeitschrift “Luceafărul” und erhielt 1971 den Preis des Rumänischen Schriftstellerverbandes (USR) für seinen Debütband “Invocație nimănui/Anrufung an niemand”. Später wurde er Mitglied der USR. Er war Sekretär des Kommunistischen Jugendverbands der USR von 1972 bis 1980. Im Jahr 1976 erhielt er den Preis der Rumänischen Akademie für Literatur. Zwischen 1979 und 1984 besuchte er die Fakultät für Journalismus der Akademie für Sozialpolitische Wissenschaften “Ștefan Gheorghiu”, einer Kaderschmiede des  Zentralkomitees der Rumänischen Kommunistischen Partei. Zwischen 1976 und 1982 war er Redakteur von “Luceafărul”. Im Jahr 1981 erhielt Mircea Dinescu noch als Student eine Bewährungsstrafe wegen tätlichen Angriffs auf einen Redaktionskollegen. Er wurde mit drei USR-Preisen für Lyrik ausgezeichnet. 1988 wurde sein Gedichtband “Moartea citește ziarul/Der Tod liest die Zeitung” von der kommunistischen Zensur abgelehnt und in den Niederlanden veröffentlicht. Am 14. März 1989 entdeckte er eine Abhör-Anlage in einem Brotkorb auf einem Tisch im Restaurant des Schriftsteller-Hauses und schrieb einen ironischen Protest an den USR-Präsidenten D.R. Popescu, ein Mitglied der Großen Nationalversammlung. Seit 1982 arbeitete Mircea Dinescu für die Zeitschrift “România literară”.

Am 17. März 1989 wurde er entlassen, aus der KP ausgeschlossen und unter Hausarrest gestellt, einen Tag nach der Veröffentlichung eines Interviews in der französischen kommunistischen Zeitung “Libération”. Darin kritisierte er das verfassungswidrige Verhalten Ceaușescus, bezeichnete Rumänien als “das Land der vielseitig entwickelten Absurdität” und beklagte, dass Miliz und Justiz zur Einschüchterung der Bevölkerung eingesetzt würden. “Es gibt nur eine Antwort für alle Probleme. Wir beten, dass er stirbt, damit sich die Lage verbessert”, heißt es in dem Interview, das als mutigste öffentliche Stellungnahme eines im kommunistischen Rumänien lebenden Schriftstellers gilt. Der Text, der am selben Tag in der Sendung “Rumänische Kulturnachrichten” von Radio Free Europe ausgestrahlt wurde, verschaffte Mircea Dinescu große Popularität. Am 24. März strahlte der westliche Sender Dinescus Brief an den Präsidenten des Schriftstellerverbands aus, in dem er gegen seine Entlassung und die ständige Überwachung durch die Securitate protestierte. Zehn Monate lang schrieb er Gedichte, während er zu Hause von der Securitate bewacht wurde. Am 22. Dezember, nach Ceaușescus Flucht, erfuhr er von einem Nachbarn, dass die Securitate seine Bewacher abgezogen hatte. Er ging auf die Straße, wurde von einem Bekannten erkannt, bejubelt und von der Menge auf ein Panzerfahrzeug gesetzt, das ihn zum staatlichen Fernsehsender TVR brachte. Er betrat das Studio 4 und war somit bei der ersten freien Sendung der Revolution dabei. Der bekannte Schauspieler Ion Caramitru stellte ihn vor und kündigte an, dass sie an einer Proklamation für das Land arbeiteten. Mircea Dinescu ergriff das Wort, rief zur Ruhe und Weisheit auf: “Es ist genug Blut geflossen.” Dann verkündete er, dass in Bukarest “die Armee mit uns ist” und schloss mit den Worten “Wir haben gesiegt!”, das wohl ermutigendste Signal an die Menschen im Land. Nach der Revolution wurde Mircea Dinescu Mitglied des Rats der Front der Nationalen Rettung, dann des Provisorischen Rats der Nationalen Einheit. Im Jahr 1990 wurde er zum Präsidenten des Schriftstellerverbands gewählt, ein Amt, von dem er 1993 zurücktrat. Er gründete die politischen Satirezeitschriften “Academia Cațavencu” (1991), “Plai cu boi” (2001) und “Aspirina săracului” (2003). Zwischen 2009 und 2012 war er Mitglied des Nationalen Rats für das Studium der Securitate-Archive. Er ist Gründer der “Stiftung für Poesie” und Eigentümer des Donauhafens Cetate, Kreis Dolj, dem ersten Kulturhafen in Europa.

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