Mircea Bozan (geb. 1948)
Grafiker. Politischer Gefangener zwischen 1969 und 1974, Sohn eines ehemaligen politischen Gefangenen. Im Dezember 1989 wurde er bei dem Versuch, die Landesgrenze illegal zu überqueren, gefasst und von den Grenzpolizisten verprügelt. Er erlitt mehrere Rippenbrüche. Am 18. Dezember 1989 stellte er mehrere Hundert Flugblätter her und brachte einige davon in Sibiu (Hermannstadt) an, um die Menschen aufzufordern, sich am 21. Dezember ab 9.00 Uhr vor dem Kaufhaus “Dumbrava” zu versammeln. Seine Botschaft endete mit dem Aufruf: “Nieder mit Ceaușescu!”. Er verbarg die Manifeste in seinem Gipskorsett und klebte sie an verschiedenen Stellen: an Bushaltestellen, an ein Armee-Panzerfahrzeug, das in der Straße geparkt war, in der Nicu Ceaușescu wohnte (der Sohn des Diktators war Kreisparteivorsitzender in Sibiu), am Kaufhaus “Dumbrava” und an der Straße, die zum Bahnhof führt. In dieser Nacht holte er drei Bekannte vom Bahnhof in Sibiu ab,
die mit Schussverletzungen im Führerstand einer Lokomotive aus Timișoara angereist waren. Sie wurden in die Wohnung der Familie Bozan gebracht und von einem herbeigeholten Arzt notoperiert.
Am 21. Dezember wurde er Zeuge des Todes des ersten Hermannstädter Märtyrers. Ioan Mititel war in die Brust getroffen worden, die Kugel durchschlug seinen Körper, drang durch ein Fenster der Sparkasse auf dem Großen Ring und verletzte eine Mitarbeiterin. Offiziell hieß es später, nur Soldaten der Militäreinheit UM 01512 hätten geschossen, aber Demonstranten sagten aus, dass Scharfschützen der Sondereinheiten, die mit einem Flugzeug in Hermannstadt eingetroffen waren, auch von den Dachböden der Häuser rund um den Platz feuerten.
Am 22. Dezember, nachdem er erfahren hatte, dass im Raum 24 des Nationalarchivs
ein bewachter Transport aus Bukarest gelagert worden war, betrat Mircea Bozan den von der Securitate versiegelten Raum und entdeckte vier große Kisten mit Schriftstücken, Dokumenten und Mikrofilmen der Direktion für Staatssicherheit, die als streng geheim gekennzeichnet waren. Es fand rumänische Blanko-Reisepässe, Stempel und Aufkleber mit deutschen und österreichischen Reisevisa. Einige davon transportierte er in seine Werkstatt. Im Januar 1990, kurz nach der Wende, erhielt er eine Vorladung des Gerichts wegen “Handlungen gegen die sozialistische Ordnung” im Zusammenhang mit seiner versuchten Flucht aus dem kommunistischen Rumänien. Am 29. Mai 1990 präsentierte Mircea Bozan auf dem Balkon der Universität Bukarest Daten und Fotos, die bewiesen, dass die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Kreis Sibiu am 20. Mai 1990 gefälscht worden waren. Am selben Abend wurde er im Atelier einiger Freunde in der Eforie-Straße in Bukarest festgenommen und von einer Gruppe von Soldaten in schwarzen Overalls in der gegenüberliegenden Polizeistation brutal zusammengeschlagen. Laut Mircea Bozan nahm Gelu Voican-Voiculescu in jener Nacht vorübergehend an den Ermittlungen teil. Er habe ihn an seiner Kleidung und Stimme erkannte. Er soll sich erkundigt haben, woher er die auf dem Balkon präsentierten Informationen gehabt hätte. Desgleichen habe dieser die Ermittler angewiesen, “vorsichtig zu sein, keine Spuren zu hinterlassen, sie würden es mit ihrem eigenen Kopf verantworten”. Mit der Aussage von Mircea Bozan konfrontiert, leugnete Gelu Voican-Voiculescu, stellvertretender Premierminister und verantwortlich für die Umstrukturierung der Geheimdienste, die Vorwürfe und erklärte, er könne auch behaupten, “dass ich ihn ausgestopft habe”. Mircea Bozan verlor am 30. Mai 1990 das Bewusstsein und wurde am Morgen von einer Putzfrau in einer Mülltonne in der gleichen Eforie-Straße gefunden. Er hatte Schädel-, Becken- und Schlüsselbeinfrakturen sowie drei ausgerenkte Wirbel. Er wurde umgehend von Freunden nach Deutschland transportiert, dort operiert und gerettet. Er beantragte politisches Asyl. Im Jahr 1990 wurde er durch einen Erlass des CPUN zur unerwünschten Person erklärt, das Recht auf Rückkehr in das Land wurde ihm für 10 Jahre entzogen. Er bat darum, dass diese Entscheidung während der Amtszeiten der Präsidenten Emil Constantinescu und Traian Băsescu aufgehoben würde, ohne eine Antwort auf sein Gesuch zu bekommen. Im Jahr 2020 hatte er seinen Wohnsitz in Deutschland und besaß in einem Haus im Kreis Sibiu (Rumänien) eine Werkstatt.