Mariana Gherghina-Beșciu (geb. 1954)
Krankenschwester für Kinderheilkunde und Kindererziehung, politische Dissidentin.
Gemeinsam mit Nicolae Ion und Gheorghe Gherghina erfuhren sie 1977 über Radio Free Europe von der Verhaftung des Schriftstellers Paul Goma und beschlossen, gegen das
kommunistisches Regime aktiv zu werden. Die drei gründeten im Keller eines Wohnblocks in der Hauptstadt Bukarest die Rumänische Freie Partei (PLR) im Untergrund und ernannten den Schriftsteller, ohne ihn persönlich kennengelernt zu haben, zum Parteivorsitzenden. Im Namen ihrer Partei und eines Freien Zentralkomitees erstellten sie 20.000 Manifeste, die
mit roter Tinte geschrieben und mit einer handgefertigten, handbetriebenen Maschine vervielfältigt wurden. Mariana Gherghina-Beșciu verfasste mit einem blau schreibenden Kugelscheiber und in Druckschrift Briefe, die sie an die Behörden schickte und in denen sie die Achtung der Menschenrechte sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen forderte. Bei ihren Aktionen trafen die drei unzählige Vorsichtsmaßnahmen, um nicht erwischt zu werden. Sie kauften das Papier in kleinen Mengen und nach und nach in verschiedenen Geschäften. Sie vermieden es, Fingerabdrücke auf dem Papier zu hinterlassen und besprühten die Manifeste mit Gas, um jeglichen Geruch zu beseitigen, durch den sie hätten entdeckt werden können. Um die Flugblätter zu verteilen, benutzten sie ein Auto mit einer Klappe in der Nähe des Auspuffrohrs, wobei sie zu dritt in einer einzigen Mainacht bis zum Morgen durch alle Sektoren der Hauptstadt fuhren. Vier Jahre lang konnten weder die Miliz noch die Securitate sie finden.
Nach dieser Aktion gingen Mariana Beșciu und Gheorghe Gherghina eine Liebesbeziehung ein. Sie heirateten 1979 und brachten in den folgenden zwei Jahren zwei Söhne zur Welt. Im Juni 1981 waren die Söhne der Familie Gherghina-Beșciu ein bzw. zwei Jahre alt und ihre Mutter war erneut schwanger. In jenem Monat verriet der Sohn von Nicolae Ion seinen Vater als Autor des politischen Protests, um der Verurteilung wegen eines selbstverschuldeten Autounfalls zu entgehen. Die drei wurden verhaftet und vier Monate lang in der Securitate-Zentrale in der Calea Rahovei Straße verhört, die damals direkt neben dem Obersten Gerichtshof lag. Ein Ziel der Ermittler war, weitere Parteimitglieder zu identifizieren. Während der Ermittlungen durfte Mariana Gherghina-Beșciu zwei Wochen lang nach Hause gehen, danach wurde sie inhaftiert. Sie erlebte Schlafentzug, verbale Angriffe und mehrfache Drohungen, ihre Kinder in ein Waisenhaus zu stecken. Sogar mit der Verurteilung zum Tode wurde ihr gedroht. Einmal wurde sie von einem Beamten geschlagen, der ihren Mann verhörte. Er schlug ihr mit einer Faust, in der ein Schlüsselbund steckte, auf die Stirn, mit der Begründung, sie habe aus eigenem Antrieb eine Erklärung abgegeben, die nicht von ihrem Ermittler diktiert worden sei. In der Erklärung hieß es, die Manifeste seien dazu gedacht gewesen, die Bürger korrekt über die Menschenrechte zu informieren, die in der Schlussakte von Helsinki festgehalten und von Nicolae Ceaușescu unterzeichnet worden waren. Daran wollten die drei den “Genossen” erinnern, um Paul Goma und alle politischen Gefangenen in Rumänien zu befreien.
Infolge der Aggression erlitt Mariana Gherghina-Beșciu eine Fehlgeburt. In der Zelle, in der sie inhaftiert war, landete der viermonatige Fötus ohne medizinische Versorgung im Loch einer türkischen Toilette. Die drei Dissidenten wurden von einem Militärgericht verurteilt, Mariana Gherghina-Beșciu erhielt ein Haftstarfe von 5 Jahren.
Durch die vom Präsidialdekret Nr. 189 vom 23. August 1981 gewährte Begnadigung hätte
ihre Haft sofort beendet werden müssen. Um dem entgegenzuwirken, versuchten die Ermittler, ihr illegalen Schwangerschaftsabbruch und den Diebstahl von Strom, Medikamenten und medizinischen Instrumenten anzuhängen. So wurde sie bis zum 15. September rechtswidrig festgehalten. Danach wurde sie freigelassen und unter strenge Bewachung gestellt.
Ion Nicolae saß fünf Jahre im Gefängnis, emigrierte nach der Revolution in die USA, wo er 2005 starb. Gheorghe Gherghina-Beșciu, 1977 im Alter von 36 Jahren, saß vier Jahre in Haft und starb im Februar 2020. Mariana Gherghina-Beșciu wechselte von der Pädiatrie in die Erwachsenenpflege, weil sie es nicht ertragen konnte, Kinder sterben zu sehen. 2020 ging sie in den Ruhestand. Zusätzlich zu ihrer Rente erhält sie als ehemalige politische Gefangene vom rumänischen Staat eine monatliche Entschädigung von umgerechnet etwa 27 Euro. Sie glaubt, dass eine Krankenschwester Menschen lieben muss. Sie hat kein Verlangen nach Rache und sagt, sie bereue nichts von dem, was sie getan habe.