László Tőkés (geb. 1952)
Reformierter Pfarrer, Politiker. Er ist der Mann, der als Auslöser für die Revolution von 1989 in Rumänien gilt. Tőkés, ein Angehöriger der ungarischen Minderheit, war ein Gegner des kommunistischen Regimes in Rumänien. Er kritisierte öffentlich die Situation in der Reformierten Kirche und den Plan des Diktators Nicolae Ceaușescu, den ländlichen Raum durch die Zerstörung mehrerer Dörfer zu “systematisieren”. Am 15. Dezember 1989 wurde László Tőkés in Timișoara/Temeswar unter Hausarrest gestellt und von der Securitate und der Miliz bewacht. Er wurde wegen eines Interviews, das er im März 1989 dem ungarischen Fernsehen gewährt hatte, der Spionage und des Verrats beschuldigt. Eine Gruppe von protestantischen Gläubigen versammelte sich vor seinem Gemeindehaus in der Timotei-Cipariu-Straße, um seine Zwangsumsiedlung zu verhindern, die er seinen Gemeindemitgliedern in der letzten Sonntagsmesse angekündigt hatte. Andere Passanten schlossen sich ihnen am 16. Dezember an. Sie riefen Parolen gegen den Kommunismus und den Diktator und blockierten den Verkehr der Straßenbahnen. Als die ersten Ordnungskräfte erschienen, schlug ein Milizionär einer Frau auf den Kopf, woraufhin die Leute reagierten. Die Miliz griff ein, es kam zu Straßenkämpfen, die sich am nächsten Tag zu einem wahren Volksaufstand ausweiteten. In der Nacht zum 17. Dezember wurde László Tőkés gewaltsam aus seiner Wohnung abgeführt und von der Securitate in einer Art Halbgefangenschaft in das Gemeindehaus in Mineu, Kreis Sălaj gebracht, das ihm von der Kirche zugewiesen worden war. Eines der Ziele der Behörden war es, ihn dazu zu bewegen, im Fernsehen aufzutreten und seine Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten zu bestätigen, um die gewaltsame Intervention in Timișoara zu rechtfertigen. Am 22. Dezember wurde er zum Mitglied des neu ausgerufenen Rates der Front der Nationalen Rettung ernannt, ohne vorher gefragt zu werden. Zwischen 1990 und 2009 war er Bischof der reformierten Diözese Piatra Craiului mit Sitz in Oradea (Großwardein). Derzeit besitzt er die doppelte Staatsbürgerschaft,
sowohl die rumänische als auch die ungarische. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2007 wurde er zum unabhängigen rumänischen Abgeordneten gewählt. Im Jahr 2009 wurde er als Europaabgeordneter wiedergewählt, diesmal auf der Liste der Demokratischen Union der Ungarn in Rumänien, deren Ehrenvorsitzender er ist. 2009, am 20. Jahrestag der Revolution, verlieh ihm der rumänische Präsident Traian Băsescu
für seine historische Rolle im Jahr 1989 den Orden “Stern von Rumänien”. Von 2010 bis 2012 war er Vizepräsident des Europäischen Parlaments.
Im Juli 2013 wandte sich László Tőkés im Rahmen der Bálványos-Sommeruniversität in Siebenbürgen an den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und unterbreitete eine Reihe von Vorschlägen für ein bilaterales zwischenstaatliches Abkommen zwischen Rumänien und Ungarn. Einer dieser Vorschläge war, dass die ungarische Regierung eine Rolle bei der Überwachung der Einhaltung der Rechte der ungarischen Minderheit in Siebenbürgen einnehme und Fälle von Verstößen an internationale Institutionen weiterleite. Der ungarische Ausdruck “védhatalmi státusz” wurde von einer rumänischen Presseagentur mit “Protektorat” übersetzt, was nicht der sprachlichen Bedeutung “Schutzmacht-Status” entspricht. Die Information wurde öffentlich als eine Behauptung ausgelegt, die den Werten der rumänischen Verfassung widerspricht, und führte zur Entscheidung des Präsidenten Rumäniens, Klaus Iohannis, ihm den 2009 verliehenen Orden abzuerkennen.
Die Maßnahme wurde von László Tőkés vor Gericht angefochten, wurde aber rechtskräftig,
nachdem der Oberste Kassations- und Justizgerichtshof 2016 die Berufung zurückgewiesen hat. 2023 wurde der Antrag von László Tőkés auf Annullierung des von Präsident Klaus Iohannis unterzeichneten Dekrets, mit dem ihm der Nationale Orden “Stern von Rumänien” entzogen wurde, endgültig als unbegründet abgewiesen. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 gewann László Tokés auf der Liste FIDESZ-Magyar PolgáriSzövetség-Kereszténydemokrata Néppárt ein neues Mandat, diesmal als Vertreter Ungarns.