Herta Müller (geb. 1953)
Deutsche Schriftstellerin, in Rumänien geboren und aufgewachsen. 1945 wurde ihre Mutter für fünf Jahre in ein Zwangsarbeitslager in der Sowjetunion (UdSSR) deportiert. Zwischen 1973 und 1976 studierte Herta Müller Germanistik und rumänische Literatur und Sprache in Timișoara (Temeswar). Die ihr nach dem Studium zugewiesene Stelle als Lehrerin trat sie nicht an und erhielt eine Stelle als Übersetzerin in einem Betrieb. Anschließend arbeitete sie als Aushilfslehrerin in Schulen und Kindergärten und gab Privatunterricht in Deutsch. Ab 1977 war sie Mitglied des Literaturkreises “Adam Müller-Guttenbrunn”, der dem Temeswarer Schriftstellerverband angeschlossen war. Seit den 1970er Jahren stand sie der Aktionsgruppe Banat nahe, einer Gruppe von banat-schwäbischen Studenten und Schriftstellern, die dem kommunistischen Regime in Rumänien kritisch gegenüberstanden.
1981 wurde sie mit dem Adam-Müller-Guttenbrunn-Förderpreis des Temeswarer Literaturkreises ausgezeichnet. 1982 veröffentlichte sie zusammen mit neun anderen rumäniendeutschen Dichtern einen kollektiven Gedichtband mit dem Titel “Mäßiger bis starker Wind”. Im selben Jahr erschien eine informative Notiz eines Schriftstellerkollegen, Mitarbeiter der Securitate, der sie “staatsfeindlicher Tendenzen” in ihrem ersten Roman “Niederungen” bezichtigte. Die Veröffentlichung wurde mehrfach verschoben, der Text wurde vom Rat für Sozialistische Kultur und Bildung brutal zensiert. “Niederungen” erschien
1982 im Bukarester Kriterion-Verlag (in deutscher Sprache). Die Securitate hatte bereits begonnen, Herta Müller zu verfolgen. Das Buch wurde jedoch im selben Jahr mit einem Preis des Kommunistischen Jugendverbands für “Werke in den Sprachen mitwohnender Nationalitäten” ausgezeichnet. 1984 wurde Niederungen in einer unzensierten Fassung in West-Berlin (Rotbuch Verlag) veröffentlicht. Herta Müller wurde sofort mit einem Publikationsverbot in Rumänien belegt. 1987 verließ sie ihr Heimatland für immer und wanderte in die BRD aus. Sie ließ sich in West-Berlin nieder.
1995 wurde Herta Müller mit dem europäischen Literaturpreis “Prix Aristeion” ausgezeichnet. Seit 1995 ist sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. In den Jahren 1999 und 2008 wurde sie für den Nobelpreis für Literatur nominiert. Im Jahr 2006 erhielt sie den Würth-Preis für Europäische Literatur und 2009 den Franz-Werfel-Preis für Menschenrechte. 2009 veröffentlichte sie in Deutschland den Roman “Atemschaukel” über die Deportation der Deutschen aus Rumänien in die UdSSR. Am 8. Oktober 2009 wurde die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Herta Müller bekanntgegeben. Sie habe mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit gezeichnet, hieß es in der Würdigung. Die Autorin vergaß nicht, bei der Preisverleihung an ihre Freunde und Weggefährten aus der Aktionsgruppe Banat zu erinnern.
Herta Müller blieb eine kritische Stimme gegenüber den Aktionen und dem Einfluss der ehemaligen Kommunisten und Mitglieder der Securitate in Rumänien. Im Jahr 2018 wurde Herta Müller aus dem Schriftstellerverband Rumäniens wegen Nichtzahlung von Mitgliedsbeiträgen ausgeschlossen, ohne jemals dem Verband beigetreten zu sein. In einer Stellungnahme für die DW schrieb sie: “Ich wusste nicht, dass ich im Rumänischen Schriftstellerverband bin. Mich hat nie jemand gefragt, ob ich beitreten möchte und mir hat niemand mitgeteilt, dass ich – warum auch immer – aufgenommen worden bin.” Eine Aufforderung, Mitgliedsbeiträge zu zahlen, habe sie nie bekommen.
1999 wurde Herta Müller mit dem Franz-Kafka-Literaturpreis der Österreichischen Franz-Kafka-Gesellschaft ausgezeichnet. Im Jahr 2010 wurde ihr das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland verliehen.