Gabriela Floare Nanuș (geb. 1972)
Die junge Frau, die am 22. Dezember 1989 auf dem von Revolutionären besetzten Balkon des Zentralkomitees der RumänischenKommunistischen Partei (ZK der RKP) ununterbrochen die Trikolore mit dem herausgeschnittenen kommunistischen Wappen schwenkte.
An jenem Morgen hatte sie ihre Wohnung in ihren besten Kleidern verlassen. Sie trug nur ihren Personalausweis bei sich, um im Falle ihres Todes identifiziert werden zu können. Sie stürmte als eine der ersten Personen ins Gebäude des ZK der RKP, um den Diktator daran zu hindern, mit dem Hubschrauber zu verschwinden, der auf dem Dach gelandet war. Sie lief bis ins oberste Stockwerk und stellte fest, dass das Ehepaar Ceaușescu bereits abgeflogen war. Gabriela Floare Nanuș fand die Fahne in einem Abstellraum auf dem Dachboden und schnitt mit einer Rasierklinge, die auf einem Schreibtisch lag, das kommunistische Symbol heraus. Dann trat sie mit der zerlöcherten Fahne auf den zentralen Balkon. Die Menge auf dem Platz des Palastes begann, einstimmig “Libertate, Libertate/Freiheit, Freiheit!” zu rufen, ein Moment, der sie prägte. Sie blieb bis zur Abenddämmerung im Gebäude, als sich der Balkon wegen der Schüsse auf dem Platz des Palastes leerte. Obwohl sie noch minderjährig war, wurde ihr im Hauptquartier des ZK nach Vorlage ihres Personalausweises eine Pistole ausgehändigt, die sie jedoch nicht benutzte, wie sie erzählt. Nach der “Mineriade” von 1990 (einer politisch gesteuerten Gewaltorgie der Bergarbeiter gegen die demokratische Opposition) wanderte sie in das einzige Land in Europa aus, für das damals kein Visum erforderlich war.
Sie versuchte, eine Bescheinigung für die Beteiligung an der Revolution zu erhalten, wurde aber um aussagekräftige Fotos gebeten, zu einer Zeit, als viele der Filme und Fotos noch nicht veröffentlicht wurden. Auch heute hat Gabriela Floare Nanuș, die nach Rumänien zurückgekehrt ist, keine Bescheinigung, die sie als Revolutionärin ausweist.